Ein ganz besonderes Projekt: Die Großrestaurierung der Kirchenfenster im Naumburger Dom
Der Naumburger Dom St. Peter und St. Paul zählt zu den bedeutendsten Bauwerken des europäischen Hochmittelalters – ein herausragendes Architekturensemble aus Kreuzgang, Domgarten und Kuriengebäude. Der spätromanisch-frühgotische Dom befindet sich im Süden von Sachsen-Anhalt direkt an der Straße der Romanik. Das Wahrzeichen von Naumburg an der Saale ist weltberühmt wegen seiner herausragenden Kunstwerke wie den Stifterfiguren im Westchor, meisterlichen Passionsreliefs und kunstvollen Buntglasfenstern aus verschiedenen Epochen. Nun steht eine Großrestaurierung der zum großen Teil Jahrhunderte alten Fenster bevor. Das anspruchsvolle Projekt wird begleitet von einem international besetzten wissenschaftlichen Beirat, bestehend aus Kunsthistorikern, Naturwissenschaftlern und Restauratoren
Die repräsentative Musterrestaurierung im Westchor des Doms liefert einen ersten Überblick
Insgesamt wurden neun Felder aus einem der im Westchor gelegenen Fenster restauriert. Exemplarisch für den Gesamtbestand im Westchor handelte es sich dabei um mittelalterliche Felder, ein Medaillon aus dem Jahr 1875 sowie vier Ornamentfelder, die erst in den Jahren 1939 bis 1942 als Ergänzungen hinzugefügt wurden. So entstand eine Musterachse für die anstehende Gesamtrestaurierung, zu der auch eine Bemusterung der verschiedenen Schutzglasarten und deren Einbau gehört. Die insgesamt fünf Fenster befinden sich in einem unterschiedlichen Zustand, drei Fenster wurden größtenteils um das Jahr 1250 herum geschaffen.
Der Zustand der Fenster im Naumburger Dom präsentiert sich ganz unterschiedlich: vom Original aus dem Mittelalter bis hin zu Restaurierungen aus dem 20. Jahrhundert
Neben den noch aus dem Mittelalter stammenden Fenstern und danach erfolgten Ergänzungen existieren außerdem zwei komplette Fenster aus der ersten Restaurierungskampagne von 1875 bis 1876 sowie weiteren Restaurierungskampagnen von 1939 bis 1942 bzw. 1959 bis 1967. Der Zustand der Fenster und die jeweiligen Schadensbilder erweisen sich daher als sehr unterschiedlich. So wurden zum Teil völlig verschiedene Restaurierungsmaterialien aufgebracht, davon sind insbesondere die mittelalterlichen Felder betroffen.
Erklärtes Ziel der Musterrestaurierung war es deshalb, einen genauen Überblick über die verschiedenen Zustands- und Schadensbilder zu gewinnen – vor allem, um der historischen Bedeutung der Fenster wie auch des gesamten Naumburger Domes gerecht zu werden. Dabei wurden unterschiedliche Möglichkeiten für die Behandlung erprobt, um genau abwägen zu können, welche Lösungsansätze schließlich für die Gesamtrestaurierung in Frage kommen.
Die Ergebnisse der Musterrestaurierung
Die mittelalterlichen Felder wiesen akut verlustgefährdete Malschichten auf den Innenseiten auf. Diese mussten aufwendig und umfangreich gesichert werden, auch bei der Reinigung der Oberflächen war daher äußerste Vorsicht geboten. Eine zum Teil starke Korrosion der Gläser auf der Außenseite konnte durch ein behutsames Ausdünnen verbessert werden – mit dem Resultat, dass eine sichtbare Aufhellung der betroffenen Stellen und die Schärfung der Bemalung erreicht wurden.
Scheiben des Bischofsmedaillons aus dem 19. Jahrhundert waren craqueliert: Durch herstellungsbedingte Spannungen im Material verfügte das Glas oft über ein gesprungenes und von kleinen Rissen durchzogenes Erscheinungsbild. Hier war der Schaden schon so weit fortgeschritten, dass sich bereits kleine Fehlstellen gebildet hatten. Zudem drohten weitere Fragmente herauszufallen. Die betroffenen Scheiben wurden daher von beiden Seiten mit Glasfasergewebe gesichert – eine Methode, die sich bereits am Kölner Dom in einem umfassenden Forschungsprojekt als erfolgreich erwiesen hatte.
Die originale Bemalung war zum Großteil nicht mehr vorhanden. Eine Wiederherstellung der Lesbarkeit wurde in wichtigen Bereichen ermöglicht: So wurden etwa im Bereich von Händen und Schriftband neue Scheiben bemalt, gebrannt und auf der Außenseite angebracht.
Zudem wurde der gesamte Glasbereich des Feldes außen mit einer zusätzlichen Rundscheibe hinterlegt – das entsprechende Feld war deutlich heller als die umgebenden Felder und wurde daher durch eine Abtönung auf der bisherigen Schutzverglasung abgedunkelt. Die neue Scheibe erhielt mehrere Überzugschichten, um die unterschiedlichen Farb- und Helligkeitswerte innerhalb des Originalfeldes auszugleichen, die durch Malschichtverluste und spätere Ergänzungen entstanden waren.